Du Kultur Umgangsformen

Wie beurteilen Sie den Wandel in Deutschland von einer Sie- zu einer Du-Businesskultur?

Nicola Schmidt: „Das Du gehört in vielen Unternehmen einfach zum guten Ton. Zum Beispiel in der Kreativ-, Medien- oder IT-Branche und auch im Handwerk. Ob Du oder Sie ist trotzdem immer eine Frage der persönlichen Einstellung. Es hängt davon ab, wie respektvoll wir miteinander umgehen. Wenn wir den Eindruck haben, dass mit dem Du Respekt und Wertschätzung dahinschwinden, ist es besser, beim Sie zu bleiben.“

Welche Vorteile und auch Nachteile eröffnen sich im beruflichen Miteinander durch das vertraute Du oder das förmliche Sie?

Nicola Schmidt: „Das Du strahlt Lockerheit aus. In der heutigen Zeit geht es darum, dass bestehende, starre Hierarchien in Unternehmen abgebaut werden und verschwinden. Das Du trägt wesentlich dazu bei. Es hält das Unternehmen und die Unternehmenskultur jung. Sprechblase-linksEin Du hat unter den Kollegen auch den Vorteil, dass es das Wir-Gefühl stärkt und hilft, eine lockere, persönliche Atmosphäre aufzubauen, während das Sie Distanz schafft. Das Sie wirkt professioneller und reduziert die Gefahr für verbale Ausrutscher. In konservativen Branchen und hohen Etagen bleibt man tendenziell beim Sie – das ist auch gut so!
Dennoch ist das Sie auf keinen Fall negativ zu bewerten. Es strahlt zwar Distanz aus, andererseits aber auch Wertschätzung. Es zeigt, dass man den persönlichen Bereich des anderen respektiert. Zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ist es beispielsweise einfacher unangenehme Dinge zu äußern, wenn man beim Sie bleibt. Sie-Argumente wirken nicht so schnell verletzend wie die Du-Botschaften. Beim Du brodelt nämlich auch die Gerüchteküche sehr viel schneller. Mit dem Du ist man sehr nah an der Person und am persönlichen Leben. Diese Nähe führt dazu, dass manche Grenzen verschwimmen, die eigentlich nötig wären.“

Zu welchen Problemen kann es innerhalb einer eingefleischten Du-Kultur kommen?

Nicola Schmidt: „Solange Wertschätzung und Respekt innerhalb der Du-Kultur vorhanden sind, ist alles Friede, Freude, Eierkuchen. Nur Menschen sind veränderlich, das wissen wir alle. Wir können nicht in die Köpfe hineinschauen. Fehlt es irgendwann an Wertschätzung und Respekt, weil eine stressige Phase gerade ansteht, man im Zeitdruck ist oder jemand seine Arbeit unterschwellig immer auf die Kollegen abwälzt … dann ist es besser, etwas daran zu ändern.“

Darf man die Du-Kultur durchbrechen und zum Sie zurückkehren?

Sprechblase-rechtsNicola Schmidt: „Kommt der Chef eines Tages daher und bietet das Du an, dann hat der Mitarbeiter eine Karenzzeit von 24 Stunden, um sich zu überlegen, ob das Du angenommen wird oder nicht. Wenn man sich dagegen entscheidet, ist es besser, wenn man höflich und taktvoll vorgeht: ‚Vielen Dank für Ihr Vertrauen, im Beruf möchte ich jedoch lieber beim Sie bleiben, wenn das in Ordnung ist.‘ oder ‚Es ist mir zwar unangenehm, allerdings möchte ich beim Sie bleiben, denn ich fühle mich mit dem Du im Beruf einfach unwohl. Ich hoffe, Sie können das verstehen.‘ In der Probezeit könnte es heißen: ‚Vielen Dank für das Angebot, mir ist es jedoch lieber, wenn wir damit bis zum Ende meiner Probezeit warten, bis ich sicher weiß, ob wir auch künftig zusammenarbeiten werden.‘
Es gibt natürlich auch spezielle Situationen wie die Betriebsfeier, dass die Führungskraft Sie spontan duzt. Dann ist es sinnvoll abzuwarten, was passiert. Bleibt der Chef beim Du, dann haben Sie immer noch 24 Stunden für Ihre persönliche Entscheidung. Kehrt der Vorgesetzte zum Sie zurück, sollte man die ganze Situation einfach vergessen und kommentarlos zum Sie übergehen.“

Welche Umgangsform bevorzugen Sie persönlich in Ihrem beruflichen Alltag?

Nicola Schmidt: „Ganz klar das Sie! Ich empfinde die Wertschätzung und den Respekt, welche das Sie mit sich bringt, als Bereicherung, die in keinem Fall schadet.“

Das sagt die Chef-Etage von diedruckerei.de dazu:

Julia Voigt - Leitung Marketing bei der Onlineprinters GmbH

– Julia Voigt, Leitung Marketing

„Ich verstehe unsere Marketing-Abteilung als Team. Wir arbeiten eng zusammen und entwickeln uns gemeinsam weiter. Das Du ist mir als Führungskraft daher sehr wichtig. Ich baue auf einen offenen Dialog. Jede Stimme soll gehört werden, jeder darf und soll sich einbringen. Nur so können wir unsere Ziele erreichen! Die Du-Kultur innerhalb des Marketing-Teams empfinde ich deshalb als elementar und sehr wertvoll.“

 

Im Profil: Nicola Schmidt

 

Nicola Schmidt bietet seit 2010 Coachings, Vorträge und Seminare zu den Themen Business-Etikette, Umgangsformen, Rhetorik, Körpersprache und Kleidung an. Fach- und Führungskräften bei der Entfaltung ihres Potenzials zu unterstützen ist seither ihre Lebensaufgabe. Ursprünglich kommt sie aus der Textilbranche, hat Textilmanagement studiert und war im Außendienst internationaler Konzerne tätig, auch auf Führungsebene.

 

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