Zielgruppenanalyse

Vor allem in stark umkämpften Märkten ist es extrem wichtig zu wissen, was genau die Verbraucher wünschen. Nur, wer passgenau die Wünsche, Bedürfnisse und Bedenken der (potenziellen) Kunden bedient, sorgt für höchste Kundenzufriedenheit und damit für eine starke Kundenbindung. Doch wie finden Sie heraus, was Ihre Klientel bewegt? Über eine systematisch erstellte Zielgruppenanalyse, die Ihnen die wichtigsten Daten liefert.

Inhaltsverzeichnis

Wer braucht eine Zielgruppenanalyse?

Jedes kommerzielle Unternehmen ist darauf angewiesen zu wissen, wie seine Kundschaft tickt. Sonst kann es leicht passieren, dass diese zur Konkurrenz abwandert, weil dort ein passenderes Angebot wartet. Oder es unterbleiben Änderungen, die nötig wären, um die Kunden noch stärker zu binden. Vielleicht verpasst man auch neue Trends, für die sich die eigene Klientel brennend interessiert. Mit genauer Kenntnis der Zielgruppe lässt sich das Marketing nicht nur passgenau und effektiv, sondern zudem auch noch kostengünstig gestalten, da sich die Streuverluste nur auf geringem Niveau bewegen.

Kundenorientierung_Zielgruppenanalyse

Kundenorientiert arbeitende Unternehmen stellen ohnehin den Kunden ins Zentrum sämtlichen Handelns. Es genügt jedoch nicht, sich lediglich intern Gedanken über die möglichen Bedürfnisse der Zielgruppe zu machen. Vielmehr erfordert eine erfolgreiche Unternehmensausrichtung eine systematische Analyse.

Auf Basis der Zielgruppenanalyse lassen sich anschließend Personas erstellen. Diese stellen fiktive, idealtypische Vertreter Ihrer Kunden dar. Sie vereinen wichtige Eigenschaften und haben repräsentative Nutzereigenschaften. Ihre Kunden bekommen so einen Namen und ein Gesicht; abstrakte Märkte und Zielgruppen werden für Sie uns Ihre Mitarbeiter erlebbar.

Zielgruppenanalyse vorbereiten

Eine professionelle Zielgruppenanalyse ist keine Angelegenheit von nur wenigen Stunden und lässt sich auch nicht ohne Weiteres im Alleingang erledigen.

Team zusammenstellen

Suchen Sie sich interne Unterstützung für die angehende Aufgabe. Ob Sie ein festes Team bilden oder lediglich bei verschiedenen Stellen um Input bitten, hängt von Struktur und Gepflogenheiten des Unternehmens ab. Auf jeden Fall sollten Sie Angestellte ins Boot holen, welche nah am Kunden sind, die Marktsituation kennen und wichtige Zahlen im Kopf haben. Üblicherweise sind das Kollegen aus den Bereichen Verkauf/Service, Vertrieb und Marketing.

Team_Zielgruppenanalyse

Zielgruppe definieren

Bevor es an die eigentliche Analyse geht, legen Sie in Zusammenarbeit mit Ihrem Team die Zielgruppe fest. Diese kann beispielsweise sein: „Männer zwischen 20 und 40 Jahren mit mittlerem Bildungsabschuss und mittlerem Einkommen“ oder „Familien mit zwei Kindern und überdurchschnittlichem Einkommen“.

Oft zeigt sich bereits an dieser Stelle, ob die Zielgruppe segmentiert werden muss, man es also mit mehreren Zielgruppen zu tun hat. Sind diese definiert, geht es darum, sie im nächsten Schritt mit Daten zu unterfüttern.

Fiktive Zielgruppe

Wenn Sie erst am Beginn Ihrer unternehmerischen Laufbahn stehen oder ein neues Produkt einführen, haben Sie unter Umständen noch keine eng eingegrenzte Zielgruppe beziehungsweise verfügen über keine eigenen Daten, die Sie zur Analyse heranziehen können.

In diesem Fall arbeiten Sie mit einer fiktiven Zielgruppe, die Sie bei der Entwicklung Ihres Angebots vor Augen hatten. Ergänzen Sie später die dazugehörigen Marktforschungsdaten. Nach einiger Zeit überprüfen Sie, inwieweit die tatsächliche Zielgruppe der erdachten entspricht. Korrekturen sind natürlich jederzeit möglich.

Fiktive-Zielgruppe_Zielgruppenanalyse

Zielgruppenanalyse durchführen

Nachdem Sie bei der Definition der Zielgruppe bereits Rahmendaten wie Alter, Geschlecht, Herkunft, Bildung und Beruf festgelegt haben, geht es nun darum, was Ihre Kunden wirklich bewegt und wie sie sich bei ihren Einkäufen verhalten.

Nötige Informationen

Welche Angaben benötigen Sie bei der Einordnung der Kunden? Von Interesse ist nahezu alles, aber absolut nötig sind die folgenden Bereiche:

1. Lebens- und Einkommensverhältnisse

Die Lebens- und Einkommensverhältnisse hängen zwar eng zusammen, müssen aber dennoch auch getrennt betrachtet werden. Beginnen wir mit den Lebensumständen: Hier geht es zum einen um die Wohnsituation. Lebt der Kunde auf dem Land oder in der Stadt? Besitzt er einen Garten oder lebt er beengt? Außerdem geht es um die Haushaltsgröße. Lebt der Kunde allein, in Partnerschaft oder in einem Mehrpersonenhaushalt?

Die Einkommensverhältnisse stecken den Rahmen ab, in welchem sich die Kaufkraft des Kunden bewegt. Rückschlüsse auf das verfügbare Budget und die Preissensitivität lassen sich über den Beruf und die bisher getätigten Käufe schließen.

Einkommensverhältnisse_Zielgruppenanalyse

2. Einstellungen

Die persönlichen Einstellungen eines Menschen schließen manche Produkte und Dienstleistungen von Anfang an aus. Wer ein „grünes Gewissen“ besitzt, greift beispielsweise kaum zu einem PKW mit hohem Kraftstoffverbrauch. Ein statusbewusster Kunde fährt nicht freiwillig einen Kleinwagen. Muss er jedoch wegen veränderter Vermögensverhältnisse auf ein weniger kostspieliges Fahrzeug umsteigen, erfordert das eine ganz behutsame Ansprache.

Trotz des Megatrends Nachhaltigkeit gibt es viele Verbraucher die nicht über Umweltthemen zu gewinnen sind. Für andere wiederum ist der ökologische Grundgedanke Grundvoraussetzung, um ein bestimmtes Produkt überhaupt zu kaufen.

Die Einstellung der Kernklientel richtig einzuschätzen, entscheidet bei manchen Produktkategorien über Erfolg und Misserfolg.

Jedoch leben die wenigsten Menschen immer konsequent nach ihrer Überzeugung. Die umweltbewusste Akademikerin erholt sich ausnahmsweise ganz unökologisch bei einem Kurztrip, den sie mit dem Flugzeug erreicht; der Sparfuchs gönnt sich zwischendurch ein sündhaft teures Vergnügen, um sich zu belohnen. Mit gezielten Aktionen können auch diese „Gelegenheitskunden“ erreicht werden.

3. Beweggründe und Vorlieben

Wie die Einstellungen zählen auch die Beweggründe und Vorlieben zu den psychografischen Kriterien. Hier offenbaren sich die Wünsche, Bedürfnisse und Sorgen, die im besten Fall zu einem Kauf oder Abschluss führen. Dabei spielen die Antworten auf folgende Fragen eine entscheidende Rolle:

  • Welche Wünsche und Bedürfnisse hat die Zielgruppe?
  • Welche Sorgen und Ängste beschäftigen sie?
  • Welche Einstellungen (s. oben) beeinflussen ihre Verhalten?
  • Wie wichtig sind Familie, Beruf und Freizeit?
  • Welche Ansprüche hat die Zielgruppe an ein Produkt?

Die ermittelten Vorlieben und Beweggründe für einen Kauf hängen zumindest bei größeren Anschaffungen oft mit den Einstellungen sowie den Lebens- und Einkommensverhältnissen zusammen. Die Auswirkungen lassen sich zu einem großen Teil am folgenden Punkt ablesen.

Beweggründe_Zielgruppenanalyse

4. Kaufverhalten

Um das Kaufverhalten zu beurteilen, zieht man hauptsächlich belastbare Fakten heran: Wie oft hat die Zielgruppe bereits gekauft? In welchen Abständen kauft sie? Was kauft sie wann und über welche Kanäle?

Angereichert mit den psychografischen Merkmalen stellen sich die Fragen, warum die Zielgruppe kauft und welche Faktoren ihre Kaufentscheidungen beeinflussen.

Daten intern sammeln

Zunächst sollten Sie und Ihr Team alle intern verfügbaren Informationen über die Zielgruppe zusammenstellen. Die Kundendatenbank liefert in jedem Fall alle „harten“ Fakten, bietet unter Umständen auch weitere der oben aufgeführten Informationen. Ist dies nicht der Fall, können Sie darüber nachdenken, die zentrale Datenbank in dieser Hinsicht weiter auszubauen.

Die oben genannten psychografischen Daten erhalten Sie zum einen von Ihren Mitarbeitern im direkten Kundenkontakt. Selbst vermeintlich belangloser Smalltalk enthält oft Hinweise über Einstellung und Verhaltensweisen der Gesprächspartner. Zum anderen gelangen Sie aktiv an Daten, indem Sie Ihre Kunden befragen (lassen). Das funktioniert direkt im Gespräch oder über Umfragen und Interviews.

Sie können Ihre Kunden selbst befragen – per Brief-Fragebogen, E-Mail, online, persönlich oder am Telefon – oder einen Dienstleister beauftragen, der in Ihrem Auftrag Kundenumfragen durchführt. Wer lediglich Anregungen benötigt, findet kostenlose Vorlagen für Kundenumfragen im Internet, beispielsweise bei Honestly oder Surveymonkey.

Kundenbefragung_Zielgruppenanalyse

Daten extern sammeln

Auch wenn Sie intern über viel Kundenwissen verfügen, bietet es sich an, zusätzlich externe Informationen einzuholen. Bei fehlenden eigenen Erkenntnissen ist es natürlich ein absolutes Muss. Sie haben die Wahl zwischen verschiedenen kostenpflichtigen und Gratis-Angeboten.

  • Marktforschung: Bei der qualitativen Marktforschung bekommt man nicht nur Zahlen, sondern auch psychografische Daten. Für ihre Erhebungen verlangen die Marktforschungsinstitute allerdings im Regelfall eine Bezahlung. Dennoch finden sich im Internet auch einige kostenlose Reports. Natürlich lassen sich bei entsprechendem Budget auch eigene Studien in Auftrag geben.
  • Statistiken: Dafür gibt es unter anderem zwei staatliche Seiten: das Statistische Bundesamt und ein Gemeinschaftsportal der Statistischen Ämter und des Bundes. Kostenlos nutzbar ist beispielweise auch Google Trends.
  • Verbraucherstudien: Im Auftrag von großen Unternehmen oder nicht-kommerziellen Gesellschaften durchgeführt, gibt es diese Studien mitunter auch gratis, wie zum Beispiel von W3B zur Online-Nutzung.
  • Branchendienste: Sie stellen quantitative und qualitative Erkenntnisse über die Zielgruppen der jeweiligen Branchen zur Verfügung. Die Industrie- und Handelskammer hält für ihre Mitglieder kostenlose Informationen bereit.
  • Webanalyse: Bei Online-Geschäften lässt sich das Verhalten Ihrer Nutzer mit verschiedenen Webanalyse-Tools  tracken – zum Beispiel mit den Gratis-Tools Google Analytics und eAnalytics oder einem kostenpflichtigen Tool wie Netmind von Mindlab.
  • Soziale Medien: Hier finden sich oft sehr aufschlussreiche Posts bei entsprechenden Diskussionen.

Daten abgleichen

Liegen sämtliche externen Daten vor, müssen sie mit den eigenen Erkenntnissen über die Zielgruppe in Einklang gebracht werden. Welche Daten ergänzen die internen Informationen, welche widersprechen ihnen? Bei Unstimmigkeiten ist eine weitere Analyse nötig. Sehen Sie sich mit Ihrem Team genau die Unterschiede an, um dann das weitere Vorgehen festzulegen.

Widersprüche beim Abgleich können darauf hindeuten, dass Sie interne Daten falsch interpretiert haben. Eventuell sind diese Informationen auch nicht auf dem neuesten Stand. Denn eine Zielgruppenanalyse führt nicht zu einem immerwährenden Ergebnis, sondern ist ein stetiger Prozess. Nur wenn Sie Ihre Erkenntnisse in regelmäßigen Abständen oder zu einem gegebenen Anlass überprüfen, halten Sie Ihre Daten aktuell.

Denkbar ist aber auch, dass Sie Ihre Zielgruppe nur segmentieren müssen. So kann es beispielsweise sinnvoll sein, Kunden mit großem Interesse an Nachhaltigkeit noch weiter nach ihren finanziellen Möglichkeiten oder ihrem familiären Umfeld zu unterteilen. Kunden mit ähnlicher Kaufkraft müssen eventuell nach ihrem Statusdenken unterschieden werden.

Segmentierung_Zielgruppenanalyse

Zielgruppenanalyse in der Praxis einsetzen

Da Sie nun ganz genau wissen, wie Ihre Zielgruppe tickt, was Ihre Wünsche und Bedürfnisse sind, rückt der Kundennutzen in den Mittelpunkt. Bieten Sie wirklich genau das, war Ihre Klientel braucht? Was hat sie konkret davon, exakt Ihr Angebot zu wählen? Die Ausrichtung auf diese Fragen stellt genau wie die Zielgruppenanalyse einen Prozess dar, den man immer wieder aufgreifen muss.

Sofern Sie durch die externen Daten noch keinen Aufschluss über die regionale Nachfrage nach Ihrem Portfolio erhalten haben, ist jetzt der Zeitpunkt, dies nachzuholen. Wie groß ist der Bedarf in Ihrer nächsten Umgebung und im weiteren Umkreis? Sollten Sie Ihr Geschäft nur online betreiben, tritt die Regionalität etwas in den Hintergrund, kann jedoch bei segmentierter Zielgruppenansprache eine Rolle spielen.

Um den Einsatz im Alltag zu vereinfachen, bietet es sich an, eine Customer Journey zu erstellen. Der Weg des Konsumenten – von der ersten Information bis hin zur Kaufentscheidung – wird in unterschiedliche Phasen eingeteilt und beinhaltet alle Berührungspunkte mit einer Marke, einem Produkt oder einer Dienstleistung.

Zielgruppenanalyse für B2B

Für Geschäftskunden gestaltet sich die Zielgruppenanalyse etwas aufwendiger, weil zum einen die Entscheider intensiver abwägen, um reputationsschädigende Fehlinvestitionen zu vermeiden. Zum anderen beteiligen sich oft mehrere Personen an der Entscheidungsfindung. In den allermeisten Fällen ist zudem die Zielgruppe wesentlich enger eingegrenzt als bei einer B2C-Ansprache.

Was bedeuten diese Punkte nun für die Analyse? In erster Linie natürlich, dass man noch viel akribischer vorgehen muss: aktuelle Daten zum Markt und zur Zielgruppe, perfekte Abstimmung und Umsetzung der Ansprache.

Bedenken Sie, dass jeder Entscheider …

  • es schätzt, wenn ihm unangenehme Dinge und Routine-Arbeiten abgenommen werden.
  • so wenig Zeit wie möglich in Angebotsvergleiche investieren will. Kommen Sie deshalb immer schnell zum Punkt respektive zum Unique Selling Point.
  • das Wohl des Unternehmens im Auge haben muss. Ihr Produkt sollte passgenau darauf abgestimmt sein.
  • die eigene Reputation im Blick hat. Er muss sich für eventuelle Fehlentscheidungen rechtfertigen und kann in der Branche Ansehen verlieren.
  • auch ein Mensch ist, so dass bei jeder noch so rationalen Entscheidung auch Emotionen im Spiel sind.

Sie brauchen also bei der B2B-Zielgruppenanalyse noch deutlich mehr Informationen. Es geht um die Hintergründe des Unternehmens wie Größe, Marktposition und finanzielle Situation sowie die Befindlichkeiten seiner Entscheider. Dazu müssen Sie auch über die Strukturen Bescheid wissen: Wer wählt die Angebote aus, wer entscheidet letztlich, wer gibt den Auftrag? Eine genaue Beobachtung der Kunden mit ihrem Auftrags- und Kaufverhalten ist auch hier Voraussetzung für die ideale Zielgruppenansprache.

 

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