Korrekte Schreibweisen sind eine der Voraussetzungen, damit Inhalt leicht verständlich vermittelt werden kann. Dies betrifft nicht nur die Rechtschreibung, sondern auch den Einsatz von Satzzeichen. Im Artikel Mikrotypografie: Grundlagen der Schreibregeln finden Sie einen Überblick über die Schreibregeln. Jetzt geht es in die Details. Dieses Mal im Fokus: die Anführungszeichen.

Inhaltsverzeichnis

Einsatz der Anführungszeichen

Bei der direkten, auch wörtlichen Rede werden wörtliche Äußerungen wiedergegeben. Damit der Leser den Text auch als solches erkennt, setzt man ihn in Anführungszeichen. Die Zeichen nutzt man auch für Zitate oder für das Hervorheben von Textstellen, zum Beispiel wenn man Ironie unterstreichen möchte. Auch zur Abtrennung von Aufzählungen werden sie eingesetzt.

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Verschiedene Bezeichnungen

Die Anführungszeichen werden auch Gänsefüßchen genannt. Diese umgangssprachliche Bezeichnung beruht auf der Tatsache, dass die Zeichen abhängig von der gewählten Schrift tatsächlich an Fußspuren erinnern. Betrachtet man die Zeichen beispielsweise in der Schrift Minion oder auch der Helvetica, kann man die Assoziation nicht ganz von der Hand weisen.

Grundsätzlich arbeiten immer zwei Zeichen zusammen. Die beiden Zeichen werden entweder öffnendes (oder eröffnende) und schließendes Anführungszeichen genannt; alternativ bezeichnet man die beiden als Anführungszeichen und Abführungszeichen.

Falsche Wahl – richtige Entscheidungshilfe

Während die Form der Anführungszeichen vom Schriftdesigner abhängig ist und von Schrift zu Schrift variiert, ist der Stand hingegen vorgegeben: Das öffnende Anführungszeichen kommt auf der Schriftlinie zu stehen und ragt von dort nach unten. Das Abführungszeichen oder Schlusszeichen steht oben und schließt in etwa mit der Oberlänge der Schrift ab.

Die An- und Abführungszeichen sind – zumindest gefühlt – die mit am häufigsten falsch verwendeten Interpunktionszeichen. Das liegt wohl daran, dass sich der Stand sowie auch die Form theoretisch falsch gewählt werden können. Statt den typografisch korrekten Zeichen begegnet man immer wieder den Zollzeichen oder einer Variante, die dem Engländer und Amerikaner gefiele, in der deutschen Sprache aber falsch ist.

Die Eselsbrücke

Als Eselsbrücke für die Form dient häufig der 99/66-Tipp. Die 99 öffnen die wörtliche Rede, die 66 schließen sie.

Die Eselsbrücke basiert darauf, dass die Anführungszeichen einiger Schriften so geformt sind, dass sie an eine Doppel-9 bzw. eine Doppel-6 erinnern. Viele Schriften enthalten aber auch völlig anders geformte An- und Abführungszeichen, sodass die Eselsbrücke dort nicht mehr einwandfrei funktioniert.

Beachten Sie also bitte Stand und Form – denn beides trägt zur Lesbarkeit und zu einem professionell wirkenden Erscheinungsbild bei und sorgt für ein richtig oder falsch. Wer die richtigen Tastaturkürzel verwendet (und eventuell vorhandene Software-Voreinstellungen korrekt konfiguriert), kann eigentlich nichts mehr falsch machen.

Anführungszeichen in der deutschen Sprache

Neben den oben-unten-Zeichen ist in der deutschen Sprache und Typografie eine weitere Variante möglich: die Guillemets.

Die Guillemets

Der Name Guillemets stammt aus dem Französischen und steht für – wen wunderts – Anführungszeichen bzw. basiert auf dem Schriftentwerfer Guillaume Le Bé. Die Zeichen bestehen aus nach innen zeigenden, offenen Pfeilspitzen. Sie werden auch Spitzzeichen oder Chevrons (aus dem englischen) genannt. Im Gegensatz zur klassischen oben-unten-Variante fügen sich die Guillements durch ihren mittigen Stand häufig harmonisch in ein Schriftbild ein und werden deswegen gerne in typografisch wohl überlegten Gestaltungen verwendet.

Aber Achtung, der französische Name bedeutet nicht, dass man diese Zeichen auch im Französischen verwendet. In der französischen Sprache zeigen die Guillemets nämlich nach außen, also vom Zitat weg.

 

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Guillemets sollen für ein ausgewogenes Schriftbild möglichst mittig zum jeweiligen folgenden Buchstaben stehen. Deswegen bieten so manche OpenType-Schriften zwei verschiedene Versionen der öffnenden und der schließenden Guillemets an – je nachdem, ob man das Zeichen neben einem Groß- oder einem Kleinbuchstaben platziert.

Einfache Anführungszeichen

Beide Formen der An- und Abführungszeichen, also die 99/66-Version sowie die Guillemets, gibt es auch in einfacher Form. Diese einfache Form besteht aus nur jeweils einem Zeichen. Man verwendet sie bei verschachtelten Texten, zum Beispiel bei Hervorhebungen oder Zitaten innerhalb einer wörtlichen Rede. Hier spielen die Guillemets klar ihre Vorteile aus, da man leicht ein einfaches, öffnendes Zeichen mit einem Komma und das einfache Schlusszeichen mit einem Apostroph verwechseln könnte. Im Gegensatz dazu sind die „halben Spitzzeichen“ klar zu erkennen.

99/66 oder Guillements – das ist hier die Frage

Wie wir bereits gehört haben, weisen die Guillemets bestimmte Vorteile gegenüber der klassischen Variante auf. Durch ihre Platzierung am oberen und unteren Rand entstehen bei den klassischen Zeichen eher die optischen Löcher. Die Guillemets fügen sich besser in das Schriftbild ein und gelten als die elegantere Lösung. Zudem vermeidet man bei Verschachtelungen und dem Einsatz von einfachen Anführungszeichen die Verwechselungsgefahr mit anderen Interpunktionszeichen.

Allerdings gibt es auch Schriften, bei denen man vom Einsatz der Guillemets absehen sollte. Dazu zählen unter anderem die gebrochenen Schriften und Schreibschriften, aber auch in einigen kursiven Schnitten wirken die Guillemets etwas verloren, wenn sie in die Neigung müssen.

Anführungszeichen als hängende Interpunktion

Kommen Anführungszeichen häufiger am linken Satzrand zu stehen, wird die Kante dadurch unruhig und die Optik leidet. Hier kann die sogenannte hängende Interpunktion beziehungsweise der optische Randausgleich Abhilfe schaffen, wie sie zum Beispiel auch von Adobe InDesign angeboten wird. Dabei werden Interpunktionszeichen wie die Anführungszeichen außerhalb des Satzrandes, also am linken und am rechten Rand hängend platziert. Während die rechte Satzkante eine untergeordnete Rolle spielt, profitiert die linke Satzkante deutlich von dieser typografischen Raffinesse. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob mit klassischen Anführungszeichen oder der französischen Variante gearbeitet wird.

Englische Anführungszeichen

Für die englischen Anführungszeichen dreht sich die Eselsbrücke von 99/66 zu 66/99 und die öffnenden Zeichen sowie auch die schließenden Zeichen stehen oben. Die einfachen Zeichen sind an der gleichen Stelle platziert und bestehen aus nur einem Zeichen. Im Englischen darf man übrigens einen Hauch Raum zwischen Anführungszeichen und dem folgenden bzw. dem Zeichen davor geben.

Französische Anführungszeichen

Der Einsatz von Anführungszeichen in der französischen Sprache verhält sich genau entgegen der deutschen Variante. Die erste Wahl sind die Guillemets, die nach außen zeigen. Auch hier verwendet man üblicherweise die doppelten Spitzzeichen und nur im zweiten Schritt die einfachen.

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Als zweite Wahl verwendet man die deutschen 66 und 99, allerdings auf englische Art und Weise, also beide Zeichen oben platziert. Eine Besonderheit im Französischen ist, dass die Satzzeichen mit einem (sicherheitshalber geschützten) Wortzwischenraum vom Text getrennt werden.

Häufige Fehler

Das Zollzeichen, auch doppeltes Kodierungszeichen bekannt, besteht aus zwei senkrechten kurzen Strichen, die sich an ähnlicher Stelle befinden wie die Schlusszeichen. Das war es aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten.

Die Zollzeichen sollte man in der deutschen sowie in der englischen und französischen Sprache lediglich als Zoll-Zeichen verwenden – alles andere wäre ein Fehler.

Ebenfalls falsch, aber trotzdem immer wieder zu sehen sind die 99-99-Varianten, bei der man in der deutschen Sprache am Beginn und am Ende die abschließenden Anführungszeichen setzt. Dann gibt es noch den Doppelakut oder das Kodierungszeichen, die nicht als Ersatz gehandelt werden sollten. Ebenso sollten die Größer- und Kleiner-Zeichen nicht als Guillemets-Ersatz verwendet werden.

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Anführungszeichen im Einsatz: Wörtliche Rede

Sehen wir uns die Anführungszeichen in Kombination mit anderen Interpunktionszeichen an – auch hier gibt es eine Menge Fallstricke. Grundsätzlich leiten die Anführungszeichen die wörtliche Rede ein und beenden sie.

Zum Satz gehörende Interpunktionszeichen stehen innerhalb der Anführungszeichen. Ein vor die wörtliche Rede stehender Begleitsatz wird mit Doppelpunkt abgeschlossen. Folgt ein Begleitsatz nach der wörtlichen Rede, wird dieser mit einem Komma von der wörtlichen Rede getrennt. Dabei bleiben ein Fragezeichen oder ein Ausrufezeichen bestehen, nur der Satzpunkt würde entfernt.

Wird die wörtliche Rede unterbrochen, stehen die einzelnen Teile in Anführungszeichen.

Der Punkt steht nach dem Anführungszeichen, wenn er zum Begleitsatz zählt.

Wenn Sie Titel oder Namen zitieren, können Sie bei Bedarf den Artikel ebenfalls in die Anführungszeichen übernehmen, wenn sich dadurch der Artikel nicht ändert.

Halbe bzw. einfache Anführungszeichen verwendet man bei verschachtelten Sätzen, also zum Beispiel:

Tastaturbelegungen

Damit Sie die richtigen Anführungszeichen schnell verwenden können, finden Sie hier die Tastaturbelegungen für Windows und Mac.

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Anführungszeichen in Adobe InDesign

Anwender von Adobe InDesign dürfen sich, wenn Sie die richtigen Programmvoreinstellungen getroffen haben, zurücklehnen und die korrekte Auswahl der Zeichen dem Programm überlassen. In den Voreinstellungen findet man in der Kategorie Eingabe bei Eingabeoptionen die Funktion Typografische Anführungszeichen verwenden. Ist der Befehl aktiv, wird durch die Eingabe von Umschalt + 2 grundsätzlich auf das „typografisch korrekte“ Anführungszeichen zugegriffen. InDesign erkennt dann anhand des Textes, ob es ein an- oder abführendes Zeichen sein muss.

Doch was ist „typografisch korrekt“? In diesem Fall das, was Sie wiederum in den Voreinstellungen in einer anderen Kategorie festgelegt haben. Wer beispielsweise grundsätzlich mit den Guillemets arbeiten möchte, wählt in den Voreinstellungen in der Kategorie Wörterbuch bei Doppelte Anführungszeichen sowie bei Einfache Anführungszeichen das gewünschte Zeichen aus der Liste aus. Leider bietet InDesign bei den einfachen Anführungszeichen nicht die einfachen deutschen Guillemets, die nach innen zeigen, an. Diese müssen Sie bei Bedarf mit dem entsprechenden Kurzbefehl tasten.

Guillemets für Groß- und Kleinschreibung
In Adobe InDesign können Sie je nach Schrift über die Tabelle Glyphen zwischen verschiedenen Varianten der Guillemets wählen. Die Varianten unterscheiden sich im vertikalen Stand und man wählt sie abhängig davon, ob ein Groß- oder Kleinbuchstabe folgt. Um darauf zugreifen zu können, muss natürlich die jeweils gewählte Schrift auch über die verschiedenen Varianten verfügen.

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Schreibregeln in der Mikrotypografie

Teil 1: Mikrotypografie: Grundlagen der Schreibregeln
Teil 2: Gedankenstrich
Teil 3: Anführungszeichen in der Praxis (dieser Artikel)
Teil 4: Apostroph im Einsatz
Teil 5: Das Semikolon
Teil 6: Die Anwendung der Klammer
Teil 7: Das at-Zeichen

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